
Das Durchführen eines partizipativen Prozesses in der Entwicklungsphase eines Projektes, bedeutet für eine Gemeinde oft, die Erwartungen der Beteiligten besser zu verstehen, ihre Bedenken zu berücksichtigen und gemeinsam ein kohärenteres und breit abgestütztes Konzept zu erstellen.
Wahrscheinlich hat jede Gemeinde schon erlebt, dass ein Projekt – sei es eine Ortsplanungsrevision, eine Arealentwicklung, ein Infrastrukturprojekt oder eine Umgestaltung – von gewissen Akteursgruppen oder AnwohnerInnen abgelehnt wurde. Partizipationsprozesse können den Schlüssel zur Entwicklung von Projekten sein, die den Erwartungen der betroffenen Menschen besser entsprechen.
Beteiligung – aber bitte mit dem nötigen Handlungsspielraum
Bei der Partizipation geht es nicht nur um Kommunikation oder Verhandlung – auch wenn beides dazugehört. Die erste Regel für einen partizipativen Ansatz ist, dass es auf der Ebene des zu entwickelnden Projekts einen Handlungsspielraum geben muss. Die am Prozess Beteiligten sollen Einfluss nehmen und ihre Überlegungen müssen berücksichtigt werden können. Ansonsten verkommt der Prozess schnell zu einer Alibiübung.
Partizipation kann in alle Phasen eines Projekts integriert werden: Im Vorfeld dient sie zum Beispiel einer Bestandesanalyse, in der Entwurfsphase bringt sie neue Ideen hervor, in der Umsetzungsphase ermöglicht sie die Erprobung verschiedener Varianten und in der Betriebsphase dient sie u.a. der Überwachung oder Bewertung abgeschlossener Projekte.

Welcher Mehrwert ergibt sich für die Gemeinde?
Ein gut organisierter partizipativer Ansatz kann einen echten Mehrwert generieren. Die Projektleitenden erhalten die Möglichkeit, klare und kontrollierte Informationen abzugeben und die Teilnehmenden können ihre Erwartungen und Verbesserungsvorschläge frühzeitig einbringen. So können Nutzungskonflikte antizipiert und womöglich verhindert werden.
Innerhalb der Verwaltung fördert eine partizipative Herangehensweise die Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen. Sie kann genutzt werden, um die Kohärenz der entwickelten Projekte zu verbessern, das Legislaturprogramm zu erarbeiten oder spezifische Strategien gemeinsam zu definieren.
Partizipationsprozesse sind auch ein Werkzeug, um die Gemeinschaft zu stärken, die persönliche Betroffenheit und Aneignung von Flächen durch die Bevölkerung zu fördern und um einem Vorhaben Respekt zu verschaffen.
Trotz all dieser Vorteile stößt ein Beteiligungsprozess bei den Projektleitenden und politischen Entscheidungsträgern oft auf Zurückhaltung und löst Ängste aus. Die am häufigsten geäusserten Befürchtungen sind der Verlust der Entscheidungsgewalt und das Risiko, dass das Projekt eine ganz andere als die ursprünglich gewünschte Richtung einschlagen könnte.
Die Spielregeln müssen klar definiert sein
Um Frustrationen zu vermeiden, müssen die Spielregeln von Anfang an klar sein. Wichtig ist, den Rahmen für die Beteiligung zu definieren (was ist verhandelbar, was nicht), die Rolle der verschiedenen Akteure zu klären (wer entscheidet was, auf welche Weise und wann) und im Vorfeld zu planen, in welche Ergebnisse die Überlegungen einfließen sollen (Masterplan, Pflichtenheft, Strategie etc.).
Erarbeitung einer Nachhaltigkeitsstrategie – das Beispiel Yverdon-les-Bains
Im Jahr 2018 wollte die Exekutive der Stadt Yverdon-les-Bains eine neue Nachhaltigkeitsstrategie erarbeiten. Eine erste Stärken-Schwächen-Analyse der Stadt in Bezug auf die Nachhaltigkeit wurde zunächst von den Leitenden der Verwaltungsabteilungen durchgeführt. Diese Bewertung ermöglichte es, prioritäre Themen zu identifizieren und gemeinsam Ziele und Aktionen vorzuschlagen, an denen gearbeitet werden sollte. Rund zwanzig Projektleitende aus verschiedenen Abteilungen haben anschliessend einen Massnahmenkatalog ausgefüllt.
Gleichzeitig wurde die Bevölkerung einbezogen – u.a. im Rahmen von Mitwirkungsabenden, auf dem Wochenmarkt oder über Ideenboxen, die in mehreren Geschäften oder an öffentlichen Plätzen in der Stadt aufgestellt wurden. Die EinwohnerInnen hatten die Möglichkeit, Projekte zur Verbesserung der Lebensqualität im Gemeindegebiet vorzuschlagen.

Zum Abschluss dieses Prozesses, der den Titel “Deine Stadt, deine Ideen” trägt, wurde im Rahmen des Alternat’Yv-Festivals eine Ausstellung organisiert, in der die 280 Ideen, die während des partizipativen Prozesses gesammelt wurden sowie einige beispielhafte Projekte, welche die Stadt bereits durchgeführt hatte, präsentiert.
“Wir wollten, dass die Menschen in Yverdon zu Malern ihrer Stadt werden, indem sie sich die Stadt im Jahr 2030 vorstellen. Die Idee war, sich selbst zu projizieren, aber auch einen kollektiven Anstoß zu geben”, Carmen Tanner, Stadträtin.
Von der Idee zur Umsetzung
Ein partizipativer Ansatz kann also dazu beitragen, ein besseres Projekt zu entwickeln. Damit dies gelingt, müssen mehrere Faktoren berücksichtigt werden.
Der interaktive, zweitägige Praxiskurs «Partizipative Prozesse erfolgreich gestalten» hilft Ihnen, Schlüsselfragen zu identifizieren, die Sie sich bei der Planung und Konzeption eines partizipativen Prozesses stellen müssen. Zudem erarbeiten Sie sich im Kurs wichtige Schlüsselkompetenzen – zum Beispiel
- Einbezug der verschiedenen Interessengruppen
- Den Rahmen klar festlegen, damit die Teilnehmenden innerhalb der Grenzen des Möglichen innovative Ideen einbringen
- Die richtigen Fragen an die richtigen AkteurInnen stellen: klar unterscheiden zwischen einer professionellen Expertise und einer Nutzungsexpertise durch die Bevölkerung
- Innovative, motivierende und unterhaltsame Methoden und Werkzeuge anwenden, die Lust machen, sich einzubringen
- Aussagen und Ideen der Teilnehmenden in Form von möglichen konkreten Ergebnissen umschreiben